Die Geschichte könnte aus einem Endzeitroman stammen, doch sie ist bittere Realität. Während deutsche Autofahrer an den Zapfsäulen verzweifelten, flossen Milliardenbeträge in das Reich der Mitte – für sogenannte Upstream Emission Reduction-Projekte (UER). Ziel war es, den CO₂-Ausstoß der Ölindustrie zu mindern. Im Mai enthüllte ZDF frontal, dass 17 dieser Projekte lediglich eine Täuschung waren.
ZDF frontal / YouTube
Doch inzwischen haben sich mindestens 45 von 66 dieser Projekte in China als Betrugsmanöver herausgestellt.
Die verantwortliche Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zeigt sich „fassungslos“, als hätte sie von den offensichtlichen Schwachstellen des Systems nie etwas gewusst. Der deutsche Autofahrer hat allerdings bereits bezahlt – mit Milliarden aus der eigenen Tasche.
„Ich hoffe, dass vor allem die Kriminellen dafür die Zeche zahlen.“
Steffi Lemke / ZDF
Eine Milliarde Euro für Luftschlösser
Laut Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) summiert sich der Schaden für deutsche Verbraucher auf rund 1,2 Milliarden Euro.
Der Mechanismus dahinter ist simpel: Die Mineralölkonzerne, darunter Branchengrößen wie Shell, Rosneft und TotalEnergies, sollten beim Ölförderprozess anfallendes Begleitgas sinnvoll nutzen, anstatt es abzufackeln. Für jedes eingesparte Kilogramm CO₂ gab es UER-Zertifikate, deren Kosten direkt an die Verbraucher weitergereicht wurden. Doch anstatt echten Klimaschutz zu fördern, genehmigte das Umweltbundesamt (UBA) auch Projekte, die nicht einmal die minimalen Kriterien erfüllten – zum Teil an Anlagen, die längst existierten oder nie gebaut wurden.
Eine Einladung zum Betrug
Lemke schiebt die Verantwortung auf die Vorgängerregierung und bezeichnet das UER-System als „komplett fehleranfällig“.
„Dieses System hat sich als komplett fehleranfällig erwiesen. Deshalb war die wichtigste Konsequenz, dieses System zu beenden.“
Steffi Lemke / ZDF
Die Genehmigung der Projekte war ebenso lax wie absurd: Vermeintlich unabhängige Prüfinstitute, oftmals eng mit der Mineralölindustrie verbunden, segneten die Projekte ab. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat inzwischen Ermittlungen gegen 17 Beschuldigte eingeleitet, darunter Vertreter dieser Prüfinstitute. Der Verdacht lautet: gemeinschaftlicher und gewerbsmäßiger Betrug. Es stellt sich die Frage, ob das UBA hier fahrlässig oder einfach nur kriminell agierte.
Opposition und Regierung: Das Spiel mit den Schuldzuweisungen
Die Opposition im Bundestag lässt es sich nicht nehmen, auf den Skandal mit erhobenem Zeigefinger zu reagieren. CSU-Umweltpolitikerin Anja Weisgerber spricht von einem der „größten Umweltskandale in der Geschichte der Bundesrepublik“. Eine bemerkenswerte Empörung, wenn man bedenkt, dass das UER-System im Jahr 2020 unter der Merkel-Regierung von CDU und SPD eingeführt wurde.
„Sie hat die Kontrolle und Aufklärung nicht von Anfang an zur Chefsache gemacht.“
Anja Weisgerber / WeLT
Die damalige Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und die Union haben dieses fehlerhafte System verantwortet. Doch jetzt, wo es politisch opportun ist, werfen beide Seiten mit Schuldzuweisungen um sich. Dass dabei das eigentliche Problem – die unverschämte Abzocke der Verbraucher – völlig untergeht, scheint niemanden zu stören.
Die Rolle der Grünen: Realitätsverlust oder Kalkül?
Die Grünen, deren politische Agenda stets vom Klimaschutz geprägt ist, finden sich nun in einem moralischen Dilemma wieder. Ihre Ministerin Lemke zeigt zwar Empörung, doch bleibt fraglich, ob die grüne Fraktion in ihrer ideologischen Verblendung nicht selbst zur Schaffung eines solchen Systems beigetragen hat. Es scheint, als wäre der blinde Glaube an die Rettung des Klimas durch Abgaben stärker gewesen als der gesunde Menschenverstand.
Der deutsche Autofahrer: Der eigentliche Leidtragende
Während die Politik im Bundestag gegenseitig Schuld zuweist, bleibt der deutsche Autofahrer auf dem finanziellen Schaden sitzen. Ein System, das angeblich dem Klimaschutz diente, hat Milliarden aus den Taschen der Verbraucher gezogen und in Scheinprojekte investiert.
UBA-Präsident Dirk Messner sprach im ZDF von einem „Supergau“ und einer „grenzenlosen Täuschung“. Er habe so etwas in der Tat noch nicht erlebt. Angesichts des immensen Schadens klingt das fast schon beschönigend. Der wahre Skandal besteht darin, dass die Bürger nicht nur kontinuierlich getäuscht werden, sondern diese Täuschung auch noch aus eigener Tasche finanzieren dürfen.
Rückwärtsgang im Klimatheater: Das UBA räumt auf
Das Umweltbundesamt hat nun offenbar beschlossen, bei einzelnen Klimaschutzprojekten den Rückwärtsgang einzulegen. Drei Projekte sind bereits Geschichte, bei sechs weiteren läuft die Demontage noch, und es steht wohl zu erwarten, dass diese Liste länger wird. Dies teilte das UBA auf Anfrage vom ZDF frontal mit – ganz so, als handle es sich um eine normale Entwicklung und nicht um einen Offenbarungseid.
Am Ende bleibt der deutsche Autofahrer der Dumme, der die Zeche für diese Illusion zahlen musste – ohne Aussicht auf eine Wiedergutmachung.