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Abendessen der Macht
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Wenn Kanzler und Richter hinter verschlossenen Türen dinieren

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Die Nähe zwischen Regierung und Bundesverfassungsgericht erzeugt den Eindruck einer inszenierten Harmonie zulasten der Neutralität. So geschehen in den kritischsten Phasen politischer Entscheidungen Absprachen.
Zusammengefasst

Das jüngste Abendessen zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz von der CDU und den Richtern des Bundesverfassungsgerichts am 9. Oktober 2025 verdeutlicht die anhaltende Vermischung von Politik und Justiz in Deutschland. Solche Treffen, die offiziell als Zeichen „gegenseitiger Wertschätzung“ zwischen Institutionen des demokratischen Verfassungsstaates dargestellt werden, finden seit Jahrzehnten statt, doch sie bergen das Risiko, die Unabhängigkeit der Gewalten zu untergraben. Merz, der als Nachfolger von Angela Merkel und Olaf Scholz agiert, setzt diese Praxis fort, obwohl sie wiederholt Kritik hervorgerufen hat. Das Bundeskanzleramt betont die Tradition, doch die Nähe zwischen Regierenden und jenen, die über staatliche Handlungen urteilen sollen, lässt Zweifel an der tatsächlichen Distanz aufkommen. Besonders brisant erscheint der Zeitpunkt: nur Tage nach umstrittenen Verhandlungen zur Neubesetzung von drei Richterstellen und inmitten laufender Forderungen nach einem Verbot der AfD, der derzeit in Umfragen stärksten Partei.

»Screenshot | Bundeskanzler | Terminkalender«

Treffen in sensiblen Phasen

In der Vergangenheit haben ähnliche Zusammenkünfte stets in politisch aufgeladenen Momenten stattgefunden und die Grenzen der Gewaltenteilung auf die Probe gestellt. »Am 30. Juni 2021«, unter Kanzlerin Angela Merkel von der CDU, trafen sich die Richter der beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts mit dem Kabinett zu einem Abendessen. Zu dieser Zeit stand eine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Infektionsschutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie bevor, und das Gericht lehnte kurz darauf alle Beschwerden gegen diese Maßnahmen ab.

„Justizministerin Lambrecht hielt sogar eine flammende Rede auf die deutsche Corona-Politik.“

»WeLT«

Zudem stand noch »ein Urteil« über »die Beschwerde der AfD« aus, die sich gegen Merkels Äußerungen während ihres Südafrika-Besuchs richtete. Sie hatte damals die Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum kurzzeitigen Ministerpräsidenten Thüringens am 5. Februar 2020 als „unverzeihlich“ bezeichnet und gefordert, das Ergebnis rückgängig zu machen.

»Screenshot | Bundesverfassungsgericht«

Ein »weiteres Treffen« ereignete sich am 15. November 2023 unter Kanzler Olaf Scholz von der SPD, »kurz vor einer Entscheidung« über die Verfassungsmäßigkeit der milliardenschweren Klima-Umschichtung der Ampel-Regierung, die mit der Schuldenbremse und dem Nachtragshaushalt 2021 zusammenhing. »Bundesjustizminister Marco Buschmann« von der FDP sprach über Krise als Motor der Staatsmodernisierung, ergänzt durch Verfassungsrichterin Astrid Wallrabenstein. Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen und Verfassungsrichter Martin Eifert referierten zur Generationengerechtigkeit. Diese Treffen, anfangs geheim gehalten, wurden erst durch Berichte von »WeLT« und »FAZ« öffentlich, woraufhin das Bundesverfassungsgericht sie einräumte.

Geheimhaltung und gerichtliche Konsequenzen

Die mangelnde Transparenz bei diesen Veranstaltungen hat zu rechtlichen Auseinandersetzungen geführt und unterstreicht die Problematik. Nach dem Treffen im Juni 2021 verweigerte das Bundesverfassungsgericht auf »Anfrage einer Journalistin von BILD« jede Auskunft und verwies auf bisherige Korrespondenz. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe urteilte am 14. Juni 2022 unter »Aktenzeichen 4 K 233/22«, dass das Gericht die Fragen hätte beantworten müssen, und zwang es zu Auskünften.

„Die BILD-Reporterin Lydia Rosenfelder wollte mehr zu den Gesprächsinhalten des Abends wissen. Im Zuge der Recherche stellte sie unter anderem fest, dass die vom BVerfG zu dem Ereignis herausgegebene Akte weder Inhalte der gehaltenen Vorträge enthielt noch alle Dokumente vorhanden waren, die sich in der von der Bundesregierung herausgegebenen Akte fanden. So fehlte namentlich ein Dankesschreiben des Gerichtspräsidenten Harbarth an die Bundesregierung. […] Nunmehr dem Verdacht einer Geheimhaltung oder gar Manipulation der Akte folgend, stellte Rosenfelder dem BVerfG in der Folge verschiedene Fragen. […] Vier weitere Anfragen,[…] wurden von der Gerichtsverwaltung stets mit dem Hinweis „Ich verweise auf unsere bisherige Korrespondenz“ beantwortet. Darunter war auch die Frage, auf welche Korrespondenz überhaupt Bezug genommen werde.“

»WBS legal«

Solche Vorfälle zeigen, wie die Institutionen ihre eigenen Regeln umgehen, um Details unter Verschluss zu halten. Kritiker argumentieren zu Recht, dass diese Haltung die Korrosion der Unabhängigkeit fördert, da Regierung und Gericht eine vertrauliche Verbundenheit aufbauen, anstatt Distanz zu wahren. In westlichen Demokratien »gelten strengere Regeln« für private Kontakte zwischen Regierung und Justiz, um solche Risiken zu minimieren. Experten betonen die Vorbildfunktion des Gerichts und warnen vor den Auswirkungen auf das öffentliche Vertrauen, insbesondere in Zeiten wachsender Zweifel an den Institutionen.

„Die Autoren des Artikels warnen, dass, obwohl Superrichter aus Systemen mit großem Niveau der institutionellen und individuellen richterlichen Unabhängigkeit entstanden sind, ihre Befugnisse jetzt die Integrität gerichtlicher Prozesse gefährden und die Autorität und die wahrgenommene Legitimität der Gerichte untergraben können.“

»Cambridge University«

Politische Manöver und Timing

Das Treffen unter Merz am 9. Oktober 2025 fällt in eine Phase, die von Skandalen innerhalb der Justiz überschattet wird, und erhärtet den Verdacht, dass das Bundesverfassungsgericht zunehmend als Instrument der etablierten Parteien fungiert. Passend dazu mehren sich die Rufe nach einem Verbot der AfD. Kürzlich konnte die schwarz-rote Koalition nur durch informelle Absprachen mit den Grünen und der als Nachfolgerin der SED geltenden Linken eine von zwölf Richterstellen mit einer Person besetzen, deren Neutralität in höchstem Maße fraglich erscheint.


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Die AfD, die »in den aktuellen Umfragen« stärkste Partei und im Bundestag zweitstärkste Kraft, wurde dennoch von der Nominierung von Richterkandidaten ausgeschlossen. Diese offensichtliche Ungleichbehandlung untergräbt das Vertrauen in demokratische Prozesse und legt nahe, dass das Gericht als Werkzeug der etablierten Parteien instrumentalisiert wird. Merz offenbart in diesem Kontext ein erstaunliches Feingefühl für politische Brisanz, indem er die Tradition fortführt und so den Eindruck verstärkt, dass Regierung und Gericht gemeinsame Interessen verfolgen.

Oppositionelle Stimmen der AfD

Einzig die AfD positioniert sich als scharfe Kritikerin dieser Treffen und fordert mehr Transparenz, um die Gewaltenteilung zu schützen. Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, äußert tiefe Besorgnis und beschreibt die Gedanken an solche Zusammenkünfte als „Grausen“. Er kritisiert die Bundesregierung, die oft selbst Partei in Verfahren vor dem Gericht ist, dafür, diese Praxis im Verborgenen fortzusetzen. Brandner plädiert für mindestens die Offenlegung der Teilnehmer, Themen und Protokolle, um das bereits strapazierte Vertrauen in den Rechtsstaat nicht weiter zu belasten.

„Dafür, dass diese höchst umstrittene Praxis nun unverändert fortgeführt wird, bringen wir kein Verständnis auf. Die Gewaltenteilung ist ein hohes Gut, das nicht aufgeweicht werden darf. Zumindest aber ist absolute Transparenz geboten: Teilnehmer und Themen müssen klar benannt und veröffentlicht werden, damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild machen kann und das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht weiter verloren geht!“

»Stephan Brandner | AfD«

Alice Weidel, ebenfalls von der AfD, postete auf 𝕏 auch ihre Besorgnis darüber, dass Merz die Richter wie Merkel hinter verschlossenen Türen empfangen habe, was einen Angriff auf die Gewaltenteilung darstelle und das Vertrauen der Bürger in eine unabhängige Rechtsprechung schädige.

»Alice Weidel | 𝕏«

Diese Stimmen aus der Opposition fordern eine klare Trennung und werfen der Regierung vor, die Demokratie durch mangelnde Distanz zu gefährden.

Erosion des demokratischen Fundaments

Diese wiederkehrenden Treffen zwischen Kanzler und Verfassungsrichtern offenbaren ein Muster, das die Kernprinzipien der Demokratie bedroht. Statt Wertschätzung zu fördern, schaffen sie eine gefährliche Nähe, die die Kontrolle durch das Gericht schwächt und den Eindruck erweckt, Justiz diene politischen Interessen. In einem Land, in dem das Vertrauen in Institutionen bereits erodiert ist, verstärkt diese Praxis den Verdacht, dass die Mächtigen sich absichern, während Oppositionsparteien benachteiligt werden. Die anhaltende Debatte um Transparenz und Unabhängigkeit mahnt zu einer Überprüfung solcher Rituale, um die Gewaltenteilung zu sichern und das demokratische Gleichgewicht wiederherzustellen.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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