Die Bauschaum-Bande – Aktivismus oder Versuch der Wahlmanipulation?

Im Dezember 2024 wurde die Polizei Berlin zu einem Tatort gerufen. Über Nacht hatten Unbekannte mehr als 50 Autos beschädigt. An den Scheiben klebten hartnäckige Sticker „SEI GRÜNER“ mit dem Konterfei von Robert Habeck und Bauschaum war auf die Stoßstangen, zum Teil in und um die Auspuffe gesprüht worden. Auch in Ulm gab es in dem Monat Bauschaumanschläge, die die Polizei für Aktionen von „Klimaaktivisten“ hielt: „Mutmaßliche Klimaaktivisten verstopfen Auspuffrohre von 90 Autos in Ulm“. Der politische Bezug der Sticker und der Angriff auf die gerade bei den Klimaaktivisten verhassten privaten Autos legte diesen Zusammenhang nahe. Weitere Anschläge in um um Ulm folgten. So weit, so sinnlos.

Die Spur ins Ausland?

Anfang Februar begannen die Medien davon zu berichten, dass die Aktionen wohl gar nicht so offensichtlich, wie es schien, von Klimaaktivisten durchgeführt wurden. Die Ermittler ermittelten, dass die Spur direkt nach Russland führte, dass der “böse Russe“ indirekt dem Image der Grünen schaden wollte. Bei einigen Tatverdächtigen konnte Bauschaum sichergestellt werden, sogar mehrere Dosen, und eine Person sagte aus, sie seien von „einem Russen zu den Attacken angestiftet worden“. Die Täter seien für jedes beschädigte Auto mit einem Honorar entlohnt worden. Und es kommt noch dicker, die Ermittler und die Politik stuften die Tat nicht als die einzelner Aktivisten ein, sondern rückte sie in die Nähe von Sabotage. Gerade die russischen Nachrichtendienste würden europaweit „zunehmend aggressiver und hemmungsloser auftreten.“ Auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser verdächtigt Russland, für diese Bauschaum-Sabotagen verantwortlich zu sein, jedenfalls hätten erste Ermittlungen zu russische Auftraggebern geführt. Die Tatverdächtigen seien ein Deutscher, ein Serbe, ein Rumäne und ein Bosnien-Herzegowiner. Das sei nicht ungewöhnlich, so Faeser laut diesem Bericht, weil ausländische Geheimdienste häufig Proxys benutzen würden, Stellvertreter, die im Zielland rekrutiert würden, um dort die Sabotageakte durchzuführen, aber keine direkte Verbindung zum Geheimdienst hätten. Und dann fährt Faeser das ganz große Besteck auf, wenn sie die Baumschaumtäter mit russischer Manipulation der Bundestagswahl in Verbindung bringt:

Außerdem sei [, so Nancy Faeser,] bekannt, ,dass Russland ein Interesse daran hat, Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen“.

Zitat Nancy Faeser / Der Tagesspiegel 

Die Logik dahinter ist die, dass Putin auf den deutschen Wahlkampf Einfluss nehme, indem Russland Aktionen bezahle, die dem Ansehen der Grünen dadurch schaden, dass die Klimaaktivisten in der Bevölkerung Sympathien verlieren. Nach Beweisen für diesen Zusammenhang mit den Bauschaum-Auspuffen und Russland befragt, konnten keine vorgelegt werden, die lapidare Antwort war: Beweise nein, aber es sei ja bekannt, dass die Russen so etwas machen würden:

Unglaublich, wie frech das Polit-Establishment versucht, die Bevölkerung zu täuschen. Gefragt, ob er Beweise für eine russische Bauschaumattake auf deutsche Auspuffrohre hat, sagt der Presseschwätzer: nein, aber wir wissen, dass die so etwas machen.
Lügen münden oft in… pic.twitter.com/zwLGRfXuGs

— ScienceFiles 🇬🇧 🏴󠁧󠁢󠁷󠁬󠁳󠁿 (@sciencefiles) February 7, 2025

Spott im Netz

Die Reaktionen in den sozialen Medien fallen belustigt aus. Die Meldung, dass Putin ernsthaft versucht, Deutschland durch Angriffe mit Bauschaum und Aufklebern auf Autos in die Knie zu zwingen, nimmt den Leitmedien anscheinend keiner mehr ab, sie wird umgesetzt in satirische Kreativität.

Es läuft mir kalt den Rücken runter. Irgendwo tief unterm Kreml sitzt also ein russisches Kommando, geschult in modernster "hybrider Kriegsführung", und plant heimlich eine deutschlandweite Sabotageserie mittels Bauschaum und Aufklebern, um die Grünen zu diskreditieren? pic.twitter.com/Zi8DPTIHsF

— daHoniK (@Honikx) February 5, 2025

Als Reaktion auf die von #Russland eingefädelten Bauschaum-Sabotagen an deutschen Autos bin ich jetzt in Moskau und schäume ihre Karren ein. #Putin soll seine eigene Medizin kosten – mal sehen, ob er dann aufhört! #Bauschaum pic.twitter.com/2S8uZ57mWZ

— Anton Hofreiter (Parody) (@AHofreiterPress) February 6, 2025

Es bedarf nicht eines Eingriffes von Putin, um die Klimakleber zu diskreditieren. Die massiven Schäden und Zerstörungen, die mit vielen ihrer Aktionen einhergehen, bei denen sie auch vor jahrhundertealten Kulturgütern nicht Halt machen, die Tatsache, dass sie bei ihren Straßenblockaden auch keine Skrupel zeigten, Ärzte, Krankenschwestern und Rettungswagen zu blockieren, die Enthüllung, dass sie finanzielle Zuwendungen für die Aktionen bekamen, vor allem aber die Doppelmoral, dass dieselben Aktivisten, die Flughäfen lahmlegen, dann selbst in den Urlaub fliegen und dass prominente Klimaaktivisten wie Luisa Neubauer aus der unrühmlichen Reemtsa-Familie (Prominentestes Mitglied der Onkel ihres Großvaters, Philipp F. Reemtsma), die im Jahr mehr Meilen fliegt als die meisten Bürger in ihrem ganzen Leben, – all diese Tatsachen haben dazu geführt, dass die Klimakleberbewegung bei den Bürgern sowieso nicht mehr hoch angesehen ist. Auch die Partei der Grünen hat ihr eigenes Ansehen spiralförmig abwärts bewegt, seit sie mit an der Macht sind.

Spekulationen und viel Schaum um nichts?

Nancy Faeser suggeriert mit ihren Aussagen, dass es sich um eine Bauschaum-False-Flag-Operation handelt. Der Begriff False-Flag-Operation bezeichnet eine verdeckte, meist geheimdienstliche Operation, bei der eine Partei oder eine Organisation eine andere Gruppe für etwas verantwortlich machen möchte, um diese zu diskreditieren. Es sind in der Regel manipulierte und inszenierte Vorfälle, die die eigene Position stärken und den Gegner schwächen sollen. Im Laufe der Historie sind etliche solcher False-Flag-Operationen bekannt geworden, eine der berühmtesten die „Brutkastenlüge“ der US-Regierung mit Hilfe der PR-Agentur Hill & Knowlton.

Das wohl bekannteste Beispiel in Deutschland ist das „Celler Loch“. 1978 wurde eine Sprengung in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle fingiert, um die RAF (Rote Armee Fraktion), die in den Augen der Politik zu viel Sympathien in der Bevölkerung genoss, zu diskreditieren. Erst 1986 musste Ernst Albrecht, der Vater von Ursula von der Leyen, zugeben, dass man die Sprengung selbst vorgenommen hatte nur der RAF in die Schuhe schieben wollte.

Wenn es sich um eine False-Flag-Operation handelt, könnte die in zweierlei Richtung vorliegen. Bei dem einen Szenario wäre die gesamte Aktion von Moskau gesteuert, um über die Klimaaktivisten den Ruf der Grünen zu schwächen und den der AfD zu stärken. Bei dem anderen Szenario benutzt die Regierung die Aktionen, um sie Russland in die Schuhe zu schieben, und zwar nicht, um Russlands Ansehen zu schwächen – in den Mainstreammedien und bei den Wählern hat die „Putin war´s“-Strategie bereits Früchte getragen –, sondern um den Vorwurf in den Raum zu stellen, es werde versucht, die Wahlen von außen zu manipulieren. Wer die Mainstreammedien mit einem solchen Narrativ kontrolliert, dem wäre es ein leichtes, „Experten“ zu finden, die von kleinen Sabotageakten bis zu Cyberangriffen aus dem Ausland alles herbeierklären können, um die Wahlergebnisse für manipuliert zu erklären. Ein solches Vorgehen könnte dann der amtierenden Regierung, falls sie keine Mehrheit erreichen würde, eine Argumentationsgrundlage bieten, zu versuchen die Wahl für ungültig zu erklären.

Der Hype um die Bauschaumattacke nur Schaumschlägerei oder politisches Nudging?

Wo die Wahrheit liegt, das können auch die Bauschaumexperten nicht sicher sagen, sie sind ja auch keine Kaffeesatzleser. Die Aktionen sind aufs Schärfste zu verurteilen, da sie nicht nur harmlose Aktionen darstellen, sondern sich am Eigentum anderer vergreifen und massive Schäden verursachen, bis hin zum Motorschaden. Hier die Wahrheit zu finden dauert deutlich länger als Bauschaum zum Aushärten benötigt.