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EU verschärft Sanktionen gegen Russland trotz fataler deutscher Wirtschaftslage

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Die EU hat ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland beschlossen, u.a. ein Umschlagverbot für russisches Flüssigerdgas (LNG) und Sanktionen gegen die russische Öltankerflotte. Die Verabschiedung wurde dieses Mal durch Deutschland verzögert, was bei einem Blick auf die wirtschaftliche Lage des Landes nicht verwundert. Tatsächlich sind die Konsequenzen ökonomisch verheerend. Der Hauptgeschäftsführer der DIHK warnte im Mai 2024 vor einer „schrittweisen Deindustrialisierung".
Zusammengefasst

Verbot für den Umschlag von LNG

Brüssel. Das 14. Sanktionspaket seit Februar 2022 zielt darauf ab, Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung weiter zu beeinträchtigen. Die Maßnahmen kommen zu einer kritischen Zeit, da die russischen Streitkräfte versuchen, ihre aktuellen militärischen Vorteile auszubauen und mehr Territorium zu erobern, so euronews.
Erstmals betreffen die Sanktionen die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG), das nach wie vor von mehreren Mitgliedstaaten gekauft wird.
Dies betrifft vor allem Häfen in Belgien und Frankreich, von wo aus das russische Gas derzeit in andere Häfen transportiert wird, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Ziel ist es, die Exportmöglichkeiten Russlands einzuschränken und die Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine zu erschweren.

Einschränkungen für russische Gaslieferungen

Erdgasunternehmen wie Nowatek sind auf den Umschlag in der EU angewiesen, um Gas aus der Arktis auf herkömmliche Tanker zu verladen. „Die EU-Sanktionen werden den LNG-Export nicht stoppen, aber deutlich erschweren”, sagte ein EU-Diplomat. Russland muss nun längere Strecken zurücklegen, was die Lieferungen verteuert und verzögert. Der Import von russischem LNG in die EU ist jedoch weiterhin erlaubt und hat sogar zugenommen, um die Lücken durch die zerstörten Nordstream-Pipelines zu füllen.

Maßnahmen gegen die russische Öltankerflotte

Die Sanktionen betreffen auch die russische Schattenflotte von Öltankern, die den Ölpreisdeckel umgehen und Güter für die Rüstungsindustrie transportieren sollen. Die neuen Maßnahmen sollen die Umgehung der bestehenden Sanktionen verhindern, da weiterhin europäische Elektronikbauteile nach Russland gelangen, die in der Rüstungsindustrie verwendet werden.

Verzögerung durch Deutschland

Die EU-Kommission hatte das neue Sanktionspaket bereits Anfang Mai vorgeschlagen. Die Einigung verzögerte sich jedoch hauptsächlich aufgrund von deutschen Bedenken und Änderungswünschen. Ein EU-Beamter bemerkte kürzlich, dass es sich anfühlte, als ob Deutschland die Rolle Ungarns übernommen hätte, in Anspielung auf die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán, die in der Vergangenheit Entscheidungen zu Russland-Sanktionen immer wieder verzögert hatte, wie Welt berichtet.

Die Bundesregierung forderte in den Verhandlungen insbesondere, dass Pläne für strengere Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung bestehender Russland-Sanktionen abgeschwächt werden. Dies geschah offenbar aufgrund von Warnungen aus der deutschen Wirtschaft, die einen zu hohen Verwaltungsaufwand und Umsatzverluste befürchtete.

Was bewirken die Sanktionen?

Seit dem 23. Februar 2022 hat die Europäische Union insgesamt zehn Sanktionspakete gegen Russland und Belarus verabschiedet. Zuerst wurden Importverbote für russische Kohle erlassen, später folgten Sanktionen gegen per Seeweg eingeführtes Öl im Dezember 2022 und gegen raffinierte Ölprodukte aus Russland im Februar 2023. Bislang wurden dabei Vermögenswerte im Wert von 29,5 Milliarden Euro eingefroren.

Russland hat die Möglichkeit, als Reaktion auf einen europäischen Boykott von Öl und Gas, seine Energierohstoffe an internationale Abnehmer in Ländern zu verkaufen, die sich nicht an dem Boykott beteiligen. Diese Länder reduzieren dann ihre Käufe bei Drittanbietern im Nahen Osten, Afrika oder Südamerika. Im Idealfall werden dadurch die Handelsströme einfach umgeleitet. Wenn die Märkte und Lieferkanäle ausreichend liquide sind, bleiben die Preise stabil und die weltweit verbrauchten Mengen sowie die Ressourcenrenten ändern sich nicht wesentlich.

„Verzichtet Europa auf den Import von russischem Gas und Öl, dann verbleibt das Öl und das Gas als natürliche Ressourcen in russischem Boden. Es sind Vermögensgegenstände, die Russland nicht verloren gehen.”

ifo-Institut

„Im Gegensatz zu produzierten Waren handelt es sich bei der Gewinnung und dem Verkauf fossiler Energieressourcen wie Erdöl oder Erdgas um einen ‚Tausch von Vermögenswerten‘: Im Boden lagernde Vermögenswerte werden in finanzielle Vermögenswerte umgewandelt. Der Wert der im Boden lagernden Vermögenswerte wird um die entnommene und verkaufte Menge verringert. Dies ist wichtig für die Beurteilung der Zwangsgewalt, die von der Androhung eines Exportembargos ausgeht. Selbst wenn das von dem Embargo betroffene Land von einem autokratischen Kleptokraten regiert wird, der sich alle Einnahmen aus dem Verkauf von Rohstoffen aneignet, ist die Sanktionswirkung in einem funktionierenden Finanzmarktumfeld nahezu Null.”

ScienceDirect

„Käuferstreiks für russisches Öl und Gas sind von begrenzter Sanktionswirkung. Und im Kern hängt das damit zusammen, dass diese Käuferstreiks den Wert dieser Ressourcen nicht mindern. Russland selbst wird nicht ärmer oder reicher durch solche Aktionen, es wird nur zu einer anderen Zusammensetzung der von ihm gehaltenen Vermögens gezwungen.”

ifo-Institut

Folgen für die deutsche Wirtschaft

Eine DIHK-Blitzbefragung zeigt, dass deutsche „Unternehmen aus allen Branchen und Regionen” von den Folgen des Kriegs betroffen sind. 78% der befragten Betriebe aus 3.700 Unternehmen bestätigen die Beeinträchtigungen, besonders bzgl. steigender Preise oder gestörter Lieferketten, aber teilweise auch des Verlusts von Kunden und Lieferanten, laut IHK Chemnitz.

Der Krieg hat insgesamt erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Kurz vor dem Kriegsausbruch Anfang 2022 lagen die Prognosen für Deutschland bei einem Wirtschaftswachstum von rund 3,5 Prozent für 2022 und 2,5 Prozent für 2023. Tatsächlich ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt in 2022 nur um 1,8 Prozent gewachsen. (DIHK-Konjunkturumfrage 2023) Seitdem hat sich die Lage weiter zugespitzt:

„Beunruhigend: Mittlerweile sehen fast drei von fünf Unternehmen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko – ein Höchstwert in der Geschichte der Befragungen.”

DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2024

„Der Aufschwung bleibt weiter aus. Das zeigt [auch] die Konjunkturumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zum Frühsommer 2024, an der sich mehr als 24.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen beteiligt haben.”

DIHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2024

2.000 Euro Wohlstandsverlust pro Kopf in zwei Jahren

Das Wachstum für die Jahre 2022 und 2023 lag zusammen rund 4,2 Prozentpunkte unter dem Wert, der vor Kriegsbeginn angenommen worden war. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt entspricht dies einer Summe von rund 160 Milliarden Euro; für die rund 80 Millionen Einwohner in Deutschland bedeutet dies 2.000 Euro pro Kopf.

Besonders betroffen ist die deutsche Wirtschaft von den deutlich gestiegenen Preisen für Energierohstoffe, die fast vollständig aus dem Ausland importiert werden müssen. Während 2019 – also vor der Krise – Gas, Öl, Kohle und Strom im Wert von 69 Mrd. Euro importiert wurden, haben sich die Kosten für den Import dieser Energierohstoffe bis 2022 auf 156 Mrd. Euro mehr als verdoppelt (plus 125%). Dies ist ausschließlich auf Preissteigerungen zurückzuführen: Gemessen am Energiewert wurde in 2022 nicht mehr importiert als 2019, so die Analyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer.

Dort heißt es weiter, dass auch das direkte „Im- und Exportgeschäft deutscher Unternehmen mit Russland” betroffen ist. Infolge des Krieges und der Sanktionen sind die deutschen Exporte in die Russische Föderation im Jahr 2022 um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Der Wert der Importe von dort ist dagegen leicht um 6 % gestiegen; schließlich handelt es sich bei diesen Importen überwiegend um Erdgas, Erdöl und Kohle, die sich stark verteuert haben. Die Importe aus Russland sanken 2022 mengenmäßig um 42% gegenüber dem Vorjahr – letztlich auch wegen des Gaslieferstopps Anfang September.

DIHK warnt bereits im Februar 2024 vor zunehmenden Geschäftsrisiken und trüben Wirtschaftsaussichten

Am 15. Februar 2024 präsentierte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Berlin die Einschätzungen zur deutschen Wirtschaftslage für das laufende Jahr. Trotz vereinzelter positiver Signale im internationalen Geschäft sahen die meisten Unternehmen düstere Zeiten voraus.
Eine Umfrage zeigte, dass über die Hälfte der deutschen Unternehmen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen als hohes Geschäftsrisiko betrachten. Besonders beunruhigend ist der steigende Druck durch Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel sowie hohe Arbeitskosten.

Trotz dringendem Bedarf an Investitionen planen viele Unternehmen, diese zumindest in Deutschland zu reduzieren. Die wachsende Bürokratie und überbordende Regulierung verstärken die Frustration der Unternehmen und behindern die Wettbewerbsfähigkeit.

„Die DIHK prognostiziert[e] daher für das Jahr 2024 einen erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent.”

DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2024

Es sind dringende Maßnahmen zur Stärkung der deutschen Wirtschaft von Nöten.

„Eine […] grundlegende Überarbeitung ist auch beim deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz notwendig. Außerdem brauchen wir in Deutschland dringend niedrigere Energiekosten und ein Wachstumschancengesetz, das diesen Namen auch verdient.”

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der DIHK im Februar 2024

Auch im Frühsommer bleibt die Lage angespannt

Die Situation der deutschen Unternehmen bleibt schwierig, besonders in der Industrie. Bei der Vorstellung der Umfrage am 23. Mai in Berlin erklärte Wansleben: „Die aktuelle Lage der Unternehmen ist mau, in der Industrie sogar schlecht. Die Erwartungen zeigen keine kraftvolle Aufwärtsbewegung.”

Der DIHK-Stimmungsindex ist unterdurchschnittlich. Die Hoffnungen auf ein starkes Auslandsgeschäft oder eine steigende Inlandsnachfrage haben sich nicht erfüllt. Stattdessen belasten eine schwache Binnenkonjunktur und strukturelle Probleme die Wirtschaft. Wansleben betont, dass „weiterhin mehr Pessimisten als Optimisten” vorhanden sind.

Industrie besonders betroffen

Die Industrie befindet sich in einer besonders schwierigen Lage. 28 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Situation negativ, nur 23 Prozent positiv. Trotz geringfügiger Verbesserungen bei den Geschäftserwartungen bleibt die allgemeine Stimmung düster.
Geschäftsrisiken wie Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel und immense Arbeitskosten bleiben hoch. Auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bereiten den Unternehmen Sorgen. Die Investitionspläne bleiben restriktiv: Nur 24 Prozent planen mehr Investitionen, während 31 Prozent ihre Ausgaben kürzen. Wansleben fordert dringend mehr unternehmerische Freiheit und weniger Bürokratie. Er findet sehr deutliche Worte:

„Das sind alarmierende Anzeichen einer schrittweisen Deindustrialisierung. Wenn wir nicht zügig gegensteuern, verliert Deutschland seine industrielle Basis. Und damit die Grundlage für unseren Wohlstand.”

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der DIHK, Frühsommer 2024

Kommentar

Die Bedenken seitens der deutschen Wirtschaft sind alarmierend, insbesondere, wenn man bedenkt, wie wenig des intendierten Effekts die Sanktionen erzielen. Hängen die hohen Energiekosten unmittelbar mit diesen zusammen, zeigt das nur, dass der Appell des DIHK-Geschäftsführers zu Beginn des Jahres wie auch seine noch deutlichere Warnung im Mai 2024 schlicht verhallt sind. Da nutzt auch die Verzögerung des Sanktionspakets wenig. Es ist verabschiedet und die deutsche Wirtschaft ist an dem Punkt, an dem sie ist; ihre Leistung wird in 2024 weiter abnehmen.

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Annika Hoberg

Annika Hoberg hat einen Magister in Germanistik, Anglistik und Philosophie. Sie arbeitet als Lehrerin und setzt sich als Aktivistin für Frieden, freiheitliche Werte und das Prinzip der Menschheitsfamilie ein.

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