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Lauterbachs Krankenhausreform: Willkommen in der Planwirtschaft

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Karl Lauterbachs Gesundheitsreformen schafft neue Anreize. Diese werden die Effizienz der Krankenhäuser gefährden und die Versorgung verschlechtern.
Zusammengefasst

Ein Gastbeitrag von Julian Marius Plutz

Eines kann man Karl Lauterbach nicht vorwerfen: Mangelnden Arbeitswillen. Während sich die Ampel über die Jahre vornehmlich in Grabenkämpfen und Macht-Backgammon verloren hatte, schafft der Gesundheitsminister Tatsachen. Wenigstens zwei weitreichende Gesetze hat er an vorderster Front durchgebracht. Da wäre zum einen das „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (CanG), das bis in freiheitliche Kreise, trotz einiger Schwächen, wohlwollend aufgefasst wurde.

Und dann war da noch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Dieses wurde im Oktober 2024 vom Bundestag beschlossen und im November 2024 schließlich vom Bundesrat gebilligt. Die Reform soll schon ab dem 1. Januar 2025 in Kraft treten. Doch das Vorhaben ist von Kritik geprägt, da es grundsätzliche ökonomische Prinzipien ignoriert und den Anreiz für Krankenhäuser abbaut, kostendeckend und damit effizient zu arbeiten. Kurz gesagt: Das KHVVG ist ein weiterer Schritt in die Planwirtschaft.

Die größte Veränderung ist sicherlich, dass das bisherige Fallpauschalensystem weitgehend durch sogenannte Vorhaltepauschalen ersetzt wird. Vorhaltepauschalen sind regelmäßige Zahlungen seitens der Krankenkassen an die Krankenhäuser. Der Unterschied zu den Fallpauschalen, die sich, wie der Name vermuten lässt, monetär am Fall orientieren, besteht darin, dass die Vorhaltepauschalen unabhängig von der tatsächlichen Leistung ausgeschüttet werden. Lauterbach möchte damit sicherstellen, dass Kliniken die für die Versorgung notwendigen Kapazitäten, etwa Personal, Infrastruktur und Geräte, vorhalten können. Dabei scheint es, dass sich die gute Absicht einer höheren medizinischen Versorgung ins Exakte Gegenteil verkehren könnte.

Geräte werden ineffizient genutzt

Denn ökonomische Akteure reagieren auf Anreize. Dadurch, dass die Vorhaltepauschalen de facto auch leistungslos ausgeschüttet werden, sinkt der Anreiz der Kliniken, sich nach der sprichwörtlichen Decke zu strecken. Anders gesagt: Die Pauschalen decken den Leistungswillen und die Effizienz der Einrichtungen, da die wirtschaftliche Notwendigkeit zur Maximierung der Fallzahlen schlicht entfällt. Im Fallpauschalensystem musste das Krankenhaus möglichst viele Fälle behandeln, um seine Einnahmen zu maximieren. Dadurch wurde sichergestellt, dass verfügbare Kapazitäten effizient genutzt wurden. Ebenso war klar, dass Patienten nicht unnötig stationär behandelt wurden und somit Ressourcen nicht sinnlos verschwendet wurden.

Im Gegenzug steht die Vorhaltepauschale: Krankenhäuser werden geneigt sein, wenig Aufwand in die Gewinnung planbarer Eingriffe zu investieren, einfach aus dem Grund, dass die Vergütung nicht direkt von der Zahl dieser Eingriffe abhängt. Anders als sich Lauterbach das vorstellt, werden gerade nicht lukrative Patientenfälle, beispielsweise komplexe Mehrfacherkrankungen, schlechter gestellt. Denn die Vorhaltepauschale ist im Wortsinn „pauschal“. Das bedeutet, es fehlt für die Klinik der Anreiz, zusätzliche Ressourcen anzuschaffen, beispielsweise in der Diagnostik, da die Finanzierung der Krankenkassen allgemein und nicht fallspezifisch ist. Auch Fachpersonal oder hochspezialisierte Geräte würden ineffizient genutzt werden, einfach weil es ohne die Fallpauschalen weniger spezielle Fälle geben könnte. Hier ist ein Beispiel hilfreich:

Stellen Sie sich vor, eine mittelgroße Klinik ist im Besitz eines Computertomographen (CT). Im bisherigen System war es so, dass jede Untersuchung mit dem CT-Gerät separat vergütet wurde. Krankenhäuser hatten also den Anreiz, das Gerät möglichst effektiv zu nutzen. Konkret heißt das, dass die Untersuchungen sorgfältig geplant werden, um Ausfallzeiten des Geräts zu minimieren. Ebenso ist das Personal entsprechend geschult, um den Tomographen effizient zu nutzen. Vielleicht plant das Krankenhaus sogar die Anschaffung eines moderneren, schnelleren und patientenfreundlicheren CT, um die Fallzahlen zu erhöhen und die Zufriedenheit der Patienten zu steigern.

Ungleiche Finanzierungs zwischen Stadt und Land

Ab dem 01.01.2025 wird dies nun anders. Mit einer pauschalen Vergütung für die Vorhaltung des CT-Geräts und der notwendigen Infrastruktur entfällt der direkte Zusammenhang zwischen der Zahl der Untersuchungen einerseits und den Einnahmen andererseits. Das heißt, das Krankenhaus ist gar nicht mehr in der Situation, das CT-Gerät effizient einzusetzen, da das Geld ja ohnehin kommt. So genügen dem Krankenhaus beispielsweise statt 20 Untersuchungen am Tag, um kosteneffektiv zu arbeiten, lediglich zehn. Es wird keine finanziellen Konsequenzen spüren. Auch ist nicht zu erwarten, dass sich eine Klinik ein neueres Gerät anschafft, wozu auch, denn auch hier fehlt der Anreiz: Die Vorhaltepauschale kennt keine ökonomischen Vorbedingungen. Daher ist die Chance hoch, dass im neuen System die Klinik auf ein veraltetes Gerät setzt, was zur Folge hat, dass Patienten mit längeren Untersuchungszeiten und/oder geringerer Bildqualität rechnen müssen. Langfristig führt dies nicht nur zu einer mangelhaften Nutzung der Ressourcen.

Was Lauterbach auch nicht bedacht hat, ist die Tatsache, dass es zwischen Stadt und Land erhebliche Unterschiede gibt, zum Nachteil der Ballungszentren. Denn ländliche Krankenhäuser haben sowieso häufig mit geringeren Fallzahlen zu kämpfen. Dies verschlechtert sich nun ab dem 01.01.2025, eben durch den oft genannten Grund der Ineffektivität. Im Gegensatz dazu stehen Krankenhäuser in Ballungsräumen, die durch höhere Fallzahlen weiterhin unter wirtschaftlichem Druck stehen. Hier bleibt der Anreiz bestehen, Ressourcen effizient zu nutzen, um die hohen Betriebskosten zu decken. Während die Vorhaltepauschale in städtischen Kliniken entlastend wirken könnte, werden sie dennoch weiterhin von der Notwendigkeit getrieben, die Kapazitäten voll auszuschöpfen. Diese ungleiche Finanzierung wird zu einer unausgewogenen Versorgung führen, bei der ländliche Krankenhäuser ineffizient arbeiten, während urbane Kliniken weiterhin stark belastet sind.

Lauterbachs Zeugnis: Ungenügend!

Genau diese falschen Anreize erzeugen das Gegenteil dessen, was Lauterbach möchte. Denn sein Ziel ist eine höhere Effizienz und eine höhere Spezialisierung. Doch genau das Gegenteil wird geschehen: Kliniken werden ineffizient und träge, in Innovationen zu investieren. Ihre schwache ökonomische Ausrichtung wird sogar noch durch leistungslose Subventionen seitens der Krankenkassen belohnt, zu denen der Staat sie zwingt. Immerhin eines geht laut dem Gesundheitsminister vermutlich auf: Kliniken werden geschlossen. Doch die damit einhergehende Spezialisierung der Krankenhäuser wird die Patienten in Deutschland wohl verpassen.

Und so kann man Karl Lauterbach zwar keine mangelnde Quantität unterstellen, Stichwort Krankenhaus- und Cannabisgesetz. Doch die Qualität der Arbeit des SPD-Politikers darf man guten Gewissens als „ungenügend“ bewerten, was angesichts eines teuren und kranken deutschen Gesundheitssystems nicht zufriedenstellend sein kann. Man kann nur hoffen, dass die nächste Regierung dieses im Kern falsche, weil planwirtschaftliche Gesetz wieder rückgängig macht.

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3 Antworten

  1. Hallo Herr Plutz, vielen Dank für Ihren Artikel hierzu. Das wird sicher spannend. Hierzu passt sicher ein noch tieferes Wissen über die Machenschaften, z.B. der Bertelsmannstiftung bei dieser Reform und der damit gewünschten starken Reduzierung der KHS. Übrigens werden für CT Leistungen im Fallpauschalensystem für GKV versicherte stationäre Patienten keine Extraeinnahmen generiert. Dort werden alle Leistungen, von der Heizung über das Mittagessen und den CT mit der Pauschale abgegolten. Dennoch ein wichtiger Artikel zu dieser Reform, die nur durch einen wie immer nicht medial gesendeten Skandal durch den Bundesrat kam.

  2. Das ist Schattenboxen.

    Wir haben eine Justiz, der man per Sachverständigenaussage Hirntod-Diagnostik verkaufen kann und die sich noch nicht mal die Mühe macht, sich auf den Hintern zu setzen und das detailliert nachzuprüfen unter Beiziehung von Fachleuten aus der Statistik und von Kritikern.
    Noch nicht mal die Berichte über Menschen, die für hirntot erklärt wurden und – oh Wunder – aus dem Hirntod wieder aufwachten, bringen Staatsanwälte dazu, dem angeblichen Hirntod auf den Grund zu gehen.

    Tatsächlich sind die meisten Behandlungen nie einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen worden. Andere Behandlungen werden weiter praktiziert, obwohl erwiesen ist, dass damit nur Schaden angerichtet wird.

    Ein Problem dabei ist, dass Ärzte kritiklos als Fachleute akzeptiert werden.
    Weder Contergan, noch Lipobay, noch Lobotomien, noch Elektroschocks, noch Pandemrix-Schweinegrippeimpfungen, noch die Psychopathologisierung von Zwittern als Homosexuelle und trans* in den ICD, noch Chemotherapie und noch nicht mal das kritiklose Verspritzen von „Corona“-„Impfungen“ auf Zuruf haben den religiösen Glauben an die Fachkompetenz von Ärzten erschüttern können.

    Finsteres Mittelalter und Bildungsferne ist heute.

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