Am 2. April kündigte Donald Trump „ermäßigte gegenseitige Zölle (discounted reciprocal tariffs)“ für 185 Handelspartner an, die er auf Grundlage der Handelsbilanzen berechnete.
U.S. President #DonaldTrump listed the high tariffs charged by India on American products as he announced reciprocal tariffs on countries across the board, declaring a 26% “discounted reciprocal tariff” on India.https://t.co/Ie9zSj3MAi pic.twitter.com/RBliYXHl2o
— The Hindu (@the_hindu) April 3, 2025
Weltweit sorgte die Ankündigung für Empörung und Schockstarre. Die Verblüffung und Ratlosigkeit der EU lässt sich in Pinguinen darstellen:
Die Pinguine nachdem sie erfahren haben, das Trump gegen sie Zölle erhoben hat. Ungefähr so stelle ich mir aktuell Brüssel vor. pic.twitter.com/SdQfAsmWpt
— Schwabe (@0815Meinung) April 3, 2025
Die Höhe der neuen Tarife wurde anhand einer mathematischen Formel berechnet: „Betrachten wir ein Umfeld, in dem die USA einen Zollsatz von τ_i auf Land i erheben und ∆τ_i die Änderung des Zollsatzes widerspiegelt. ε<0 sei die Elastizität der Einfuhren in Bezug auf die Einfuhrpreise, φ>0 die Weitergabe von Zöllen an die Einfuhrpreise, m_i>0 die Gesamteinfuhren aus Land i und x_i>0 die Gesamtexporte. Dann entspricht der Rückgang der Importe aufgrund einer Änderung der Zölle gleich ∆τ_i*ε*φ*m_i<0. Unter der Annahme, dass die Auswirkungen des Ausgleicht des Wechselkurses und des allgemeinen Gleichgewichts gering genug sind, um ignoriert zu werden, erfüllt der reziproke Zoll, der zu einer bilateralen Handelsbilanz von Null führt, folgende Gleichung:“

Screenhot: Office of the United States Government
Wirtschaftswissenschaftler erklären Reuters zufolge, dass die Formel auf den einfachen Quotienten zwischen dem Warenhandelsdefizit und den Warenhandelsexporten reduziert werden kann.
Stutzen und Staunen angesichts der Liste

Screenshot Newsweek: die zweite Spalte zeigt die Zölle, die den USA berechnet werden, die dritte Spalte die von den USA erhobenen ermäßigten gegenseitigen Zölle (die Ermäßigung entspricht der Hälfte des von dem jeweiligen Land gegenüber den USA erhobenen Zolls)
Einige Einträge auf der Liste sorgten für Verwunderung. So das Britische Territorium im Indischen Ozean, das keine zivilen Einwohner, sondern nur einen Militärstützpunkt hat, den England sogar gemeinsam mit den USA betreibt. Ebenso finden wir die Insel Jan Mayen, die als Einwohner lediglich 18 Forscher verzeichnet, und die Inselgruppe Spitzbergen (Svalbard), die zwar 2700 Einwohner zählt, welche sich aber aus wechselnden Forschern und Studenten aus über 50 Nationen zusammensetzen. Das bestätigt die Reaktionen im Internet, Trump lege sich mit seinem Zollhammer „mit der ganzen Welt“ an.
Für viel kreativen Spott im Netz hat die Auflistung der Heard- und McDonaldinseln, gesorgt, die genau 0 menschliche Bewohner aufweisen. Die Inseln zählen zu den entlegensten Regionen der Erde, und die letzten Menschen, die die zweiwöchige Bootsreise dorthin auf sich genommen haben, sollen vor rund zehn Jahren dort gewesen sein. Auf den Inseln leben Pinguine, Seerobben und Vögel.
Die Pinguin-Memes
Insbesondere die Pinguine haben die Nutzer von Social Media angeregt und eine Fülle kreativer Memes hervorgebracht.
LMAO 🤣. It's this one! pic.twitter.com/Nb8npRJaUp
— guyfelicella🇨🇦🍁 (@guyfelicella) April 3, 2025
Obwohl die Heard- und McDonaldinseln mit 10 % verhältnismäßig „gut wegkommen“, wurden die Pinguine von diesem Schritt überrascht, da sie doch selbst stets moderate Zölle verhängt haben und gute Handelsbeziehungen zu den USA gepflegt hatten. Haben sie die USA vielleicht heimlich seit Jahren mit geringen Exportzöllen abgezockt? Was genau verkaufen sie an die USA? Fische und Pinguineier – oder ist da noch mehr im Spiel? Als Gegenmaßnahmen wurde eilends ein Zollamt errichtet, auf den Inseln organisieren sich die größten Demonstrationen in der Inselgeschichte, die Pinguine zeigen sich wehrhaft.

Screenshots 𝕏 (Zollbeamter, Massendemos, Stoppt Zölle, Protest, aufgerüstet, bewaffnet)
Die Szene des Eklats im Weißen Haus während des Gespräches zwischen Donald Trump und JD Vance mit Selenskyj wurde in vielen Varianten umgesetzt.
The penguin wore a suit. But didn’t escape the Trump tarifs on the Heard og McDonald Islands. Maybe it didn’t say thank you? pic.twitter.com/aaPr1ufCr0
— Christopher Arzrouni (@CArzrouni) April 3, 2025
Trump wird im Internet als Dummkopf dargestellt, der selbst Pinguine mit Zoll belegt, während Russland überhaupt nicht bezollt wird, dann könne man ja auch gleich die Zölle für den Mars oder Mittelerde anheben.

Als Erklärung wird genannt, dass die Heard- und McDonaldinseln aufgeführt sind, weil sie australisches Außengebiet sind, und Russland auf der Liste fehlt, weil gerade offiziell gar kein Handel stattfindet.
Für die Pinguine ist Trumps Handlung unverständlich, da sie bei Tarifverhandlungen immer elegant gekleidet erscheinen, nie auf einen Frack verzichten und sich immer höflich bedanken. Diese Behandlung haben sie in ihren Augen nicht verdient. Deswegen überlegen sie, ob sie nachgeben und die Zölle zahlen oder Trump die (eis)kalte Schulter zeigen und sich anderswo Handelspartner suchen sollen.

Screenshots 𝕏: Reaktion, Handelsabbruch, Verhandlungen, Zahlung
Die Erhöhung der Zölle durch Trumps trifft besonders ärmere Länder, die viel in die USA exportieren. Länder wie z. B. Vietnam, die ein erhebliches Handelsdefizit aufweisen und deren Bevölkerung zu arm ist, um viel aus den USA zu importieren.
„Aber Madagaskar – eine der ärmsten Nationen der Welt mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf von etwas mehr als 500 Dollar – sieht sich inzwischen mit einem Zoll von 47 % auf die bescheidenen 733 Millionen Dollar an Vanille-, Metallen und Bekleidungsexporten konfrontiert, die es letztes Jahr mit den USA gemacht hat. ,Vermutlich kauft dort niemand Teslas´“
Reuters
Im Internet wird Trump verspottet, weil er nicht in der Lage sei, es mit China oder Russland aufzunehmen und sich deswegen mit den Pinguinen und kleineren Inselgruppen “ebenbürtige“ Partner suche.
Tim Walz, Governor of Minnesota, USA:
— The World War (@TheWorldWar12) April 6, 2025
Trump knows he can't defeat Russia and China, so he chose an enemy he thinks he can defeat: An island full of penguins. pic.twitter.com/Tq7PyF8fvK
Die wirtschaftlichen Folgen für die USA werden als Katastrophe gezeichnet. Nachdem Trump mehrere Firmen in den Sand gesetzt habe, sei jetzt das gesamte Land dran. Die Folgen für die Bevölkerung sieht ein 𝕏-User als „Schuss, der nach hinten losgeht“:

1,5 Billionen Dollar an Wert wurden durch Trump’s Zölle am Aktienmarkt vernichtet – das sind 1.500 Milliarden.
— Uwe Meyer (@Coburger1966) April 4, 2025
Trump hat bereits mehrere seiner Firmen in den Bankrott getrieben. Jetzt macht er das gleiche mit der USA. pic.twitter.com/NZep56SyvY
Befürworter der Trumppolitik sehen den Aufschwung, den die Wirtschaft genommen hatte, und verweisen auf einen ähnlichen Rückgang des Dow Jones im Jahr 2023 unter Joe Biden.

Screenshot / Dow Jones 5-Jahres-Chart
Trump will den Trend aufhalten, der derzeit in Europa zu sehen ist. Die Bevölkerung verarmt, weil immer höhere Belastungen und das Abfließen des Geldes in Projekte im Ausland dazu führen, dass der qualitativ hochwertige und arbeitsplatzsichernde heimische Absatzmarkt zugunsten von Billigprodukten aus dem Ausland ausblutet. Die Regierung in Peking hat ein Interesse daran, dass chinesische Billigwaren mit Dumpingpreisen die Welt überfluten. Sie unterstützen das mit eigenen Subventionen, profitieren aber auch von der bisherigen Zollpolitik des Auslands und Ländern wie Deutschland, die China mit Millionen an Entwicklungshilfe unterstützen, 2022 war es eine halbe Milliarde Euro. Der Unmut darüber ist angesichts der zahlreichen Insolvenzen hierzulande verständlich, unabhängig davon, wie die Regierung die enormen Summen zu erklären versucht. Dass China Millionen für „Klimaförderung“ gerne annimmt, aber keine Bereitschaft zeigt, sie für den intendierten Schutz der Natur zu verwenden und seine CO2-Bilanz astronomisch hoch hält, ist eine schallende Ohrfeige für die deutsche Außenpolitik und ein Schlag ins Gesicht für Deutsche, die zu Hause frieren oder Pfand sammeln müssen.
China sieht sich in einem Handelskampf herausgefordert und reagiert seinerseits mit einer Erhebung gegenseitiger Zölle von 34 % ab dem 10. April. Das chinesische Handelsministerium nennt die Zollpolitik eine „typische einseitige Mobbingpraxis (typical unilateral bullying practice)“ nahm 11 amerikanische Firmen in die Liste unzuverlässiger Unternehmen auf, untersagte ihnen de facto die Geschäftstätigkeit mit China und führte ein Lizenzsystem für den Export seltener Erden ein, die vom Elektroauto bis zur intelligenten Bombe in vielen Bereichen benötigt werden.
Das Ziel Trumps, die heimische Industrie zu stärken und Fabriken und Arbeitsplätze zurück in die USA zu holen, ist allerdings mit höheren Kosten für die Verbraucher verbunden. Gerade der Konsument mit kleinem Geldbeutel greift lieber zu billigen Produkten aus China, auch wenn diese häufig nicht die Sicherheitsstandards der EU und der USA einhalten und gefälschte Prüfstempel verwenden. Bei elektrischen und elektronischen Produkten sind das nicht nur unlautere Praktiken, sie können für den Verbraucher auch gefährlich werden. Die Verteuerung der Importwaren kann neben einer kleineren Warenauswahl auch dazu führen, dass Verbraucher auf bestimmte Produkte ganz verzichten.
Eine Bilanz über die Auswikungen der neuen Zölle wird sich erst nach einiger Zeit ziehen lassen – ob sie der US-Wirtschaft schaden oder ob sie zur Sicherung von Arbeitsplätzen, zum Wohlstand der Bevölkerung und zur Stärkung der heimischen Wirtschaft beitragen.
Der Spott in der Presse, dass Trump unbewohnte Pinguin-Inseln mit Zöllen belegen will, hat die Reflexion darüber, was das bedeuten könnte, in den Hintergund treten lassen. Die Kreativität der Social-Media-User scheint unbegrenzt, zahlreiche Anspielungen werden künstlerisch umgesetzt: an die Filmreihe Madagaskar, die MAGA-Caps von Trump, den Protest gegen Elon Musk durch Abfackeln von Teslas, die US-Zollgeschichte, die „Koalition der Watschelnden“ statt der „Koaliton der Willigen“, den Protest der Boston Tea Party.

Die Pinguin-Memes illustrieren, dass das Bild von Trump mit seinen verrückten Ideen verbunden ist und dass auch das Tragen eines Fracks nicht vor seinem knallharten Verhandlungsstil schützt. Die Pinguin-Memes nutzen politische, historische und künstlerische Vorlagen und sind eine perfekte Mischung aus Ironie, Humor und Originalität.