Mit der Absage von Intel an dem Bau einer Chipfabrik in Magdeburg ist der Traum von Kanzler Olaf Scholz und Robert Habeck, Deutschland zum neuen Silicon Valley zu machen, abrupt geplatzt. Es war das größte industriepolitische Vorhaben ihrer Amtszeit, doch jetzt bleibt von der Vision nur ein leerer Acker in Sachsen-Anhalt übrig. So weit, so gut, oder eben auch nicht. Denn statt einer florierenden Hightech-Metropole mit 3000 hochbezahlten Arbeitsplätzen gibt es jetzt nur die Gewissheit, dass Milliarden an Steuergeldern vielleicht doch in ein Fass ohne Boden geflossen wären. Man hätte es ahnen können, allerdings hätte dies vorausgesetzt, dass sich das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck die Mühe gemacht hätte, vorab einen Blick auf Intels wirtschaftliche Lage zu werfen.
Die trügerischen Versprechen deutscher Subventionen
Scholz und sein Wirtschaftsminister Robert Habeck haben sich nicht lumpen lassen: Satte 9,9 Milliarden Euro an Subventionen sollten her, um den amerikanischen Halbleiterriesen Intel nach Deutschland zu locken. Mit stolzgeschwellter Brust verkündete Scholz bei einem PR-Termin mit Intel-CEO Pat Gelsinger im Sommer 2023, dass Deutschland die modernsten Halbleiter der Welt produzieren würde.
Es war der Stoff, aus dem politische Träume gemacht sind. Die Vorstellung, Magdeburg zu einem europäischen Silicon Valley zu entwickeln, mag ambitioniert klingen, doch ähnelt sie eher einem hochgesteckten Ideal als einer greifbaren Realität. Die Wirklichkeit folgt selten den kühnsten Visionen und lässt sich nur bedingt von ambitionierten Plänen beeindrucken.
„Wir spielen im globalen Wettbewerb vorn mit und sichern nachhaltige und qualifizierte Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Wir haben jetzt die Chance, ein neues florierendes und hochmodernes Chip-Ökosystem in Deutschland und Europa zu schaffen. Hiervon profitieren Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Herstellung von Mikroelektronik genauso wie in den Abnehmerindustrien.“
Robert Habeck / Website der Bundesregierung / 23. Juni 2023
Die wirtschaftliche Realität: Intel in der Krise
Was die deutsche Bundesregierung vielleicht nicht sehen wollte: Intel konnte es nicht: Die finanzielle Situation des einstigen Halbleiterplatzhirsches ist alles andere als rosig. Intel hat seit Jahren mit rückläufigen Marktanteilen, technischen Schwierigkeiten und erheblichen finanziellen Verlusten zu kämpfen. Der Technologiekonzern gerät zunehmend gegenüber Wettbewerbern wie Nvidia und AMD ins Hintertreffen. Besonders Nvidia dominiert den Markt für KI-Chips nahezu uneingeschränkt, während Intel zunehmend den Anschluss verliert. In diesem Kontext erscheint die geplante Fabrik in Magdeburg wie ein überambitioniertes Prestigeprojekt – mit einem Preisschild von 30 Milliarden Euro, das sich Intel schlicht nicht leisten kann.
Der gescheiterte Deal und die politische Fallout
Man mag es kaum glauben, aber die Entscheidung Intels kommt scheinbar nicht wirklich überraschend. Wie TAG24 berichtet, gab Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze bereits zu, dass man schon in den vergangenen Wochen auf diese Möglichkeit vorbereitet war. Interessanterweise schien dies im Kanzleramt und bei Habeck weniger bekannt zu sein, denn noch vor zwei Wochen prahlte der Wirtschaftsminister, dass alles „voll im Zeitplan“ sei. So viel also zum Thema, dass die Politik der Grünen vor Ideologie strotzt und keinen Bezug zur Realität hat.
Für Scholz und die Ampelkoalition ist das Scheitern dieses Projekts eine Ohrfeige und die Opposition gibt sich Mühe, Salz in die Wunde zu streuen. Der wirtschaftspolitische Sprecher Carl-Julius Cronenberg von der FDP ließ gegenüber der NZZ kein gutes Haar an dem Vorhaben und warf der Bundesregierung vor, zehn Milliarden Euro für ein Unternehmen in den Sand gesetzt zu haben. Dass Subventionen nicht das Allheilmittel für wirtschaftliches Wachstum sind, ist eine Binsenweisheit, die man in der deutschen Wirtschaftspolitik offenbar allzu oft ignoriert.
„Zehn Milliarden Euro Subventionen für ein einziges Unternehmen sind eine verdammt schlechte Wette auf die Zukunft. […] Dieses Potenzial wurde zu lange ignoriert, weil grosse Leuchtturmprojekte mehr politische Strahlkraft versprachen. Der Weg zu besseren Rahmenbedingungen für den Standort Deutschland führt nicht über Subventionen und Industriepolitik, sondern über weniger Regulierung, schnellere Genehmigungen und bessere Abschreibungen.“
Carl-Julius Cronenberg / NZZ
Die Symbolik einer brachliegenden Wiese
Der Konzern hatte in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei Chipfabriken angekündigt, mit dem ersten Spatenstich für dieses Jahr. Nun verschiebt der Chipkonzern den Fabrikbau in Magdeburg jedoch um zwei Jahre. Diese Verzögerung betrifft Tausende von Arbeitsplätzen, die durch das Projekt geschaffen werden sollten. Die wirtschaftliche Realität bleibt ernüchternd. Das 400 Hektar große Areal in Magdeburg, das als Produktionsstandort für die modernsten Chips der Welt auserkoren wurde, könnte aber auch in zwei Jahren noch eine braune Wiese sein. Ob Intel sich von seinen roten Zahlen erholen kann, hängt davon ab, wie effektiv das Unternehmen seine strategischen und operativen Herausforderungen bewältigt. Dazu gehören die Anpassung an den Wettbewerbsdruck, die Fähigkeit zur Innovation, insbesondere im Bereich der Chiptechnologie, und das Management von Investitionen und Ressourcen.
Dieses Subventionsprojekt repräsentiert nicht nur erneut das Scheitern eines industriepolitischen Vorhabens, sondern auch die größeren Probleme der deutschen Wirtschaftspolitik. Immer wieder werden sogenannte Leuchtturmprojekte mit großem Tamtam angekündigt, doch am Ende fehlen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um solche Projekte tatsächlich umzusetzen.
Das Debakel um Intel zeigt einmal mehr, dass Deutschland weit mehr braucht als nur prestigeträchtige Großprojekte, um sich wirtschaftlich wieder zu stabilisieren. Die Kernprobleme liegen woanders: Hohe Energiekosten, eine lähmende Bürokratie und langsame Planungsprozesse hemmen die Wettbewerbsfähigkeit. Wenn selbst ein milliardenschweres Subventionspaket nicht ausreicht, um internationale Konzerne zu langfristigen Investitionen zu bewegen, läuft etwas gehörig schief. Dies sollte ein Weckruf für die Bundesregierung sein, ihre Wirtschafts- und Industriepolitik grundlegend zu überdenken. Die Ampelregierung jedoch redet diese schwierigen Umstände immer schön, vertuscht oder ignoriert sie oft.
Milliarden für Intel: Regierung in Haushaltskrise und Planungsnot
Die Tatsache, dass in der Bundesregierung mittlerweile alle Hoffnungen auf den Bau des Intel-Werks aufgegeben wurden, offenbart sich deutlich in der politischen Diskussion, die auf die Stellungnahme von Intel folgte. Angesichts einer zwölf Milliarden Euro schweren Finanzierungslücke im Haushalt sieht sich die Regierung nun gezwungen, die ursprünglich für Intel vorgesehenen Milliarden auf alternative Weisen zu nutzen. Finanzminister Christian Lindner äußerte auf 𝕏, dass alle Mittel, die ursprünglich für Intel vorgesehen waren, nun zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt verwendet werden müssen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hielt dagegen und verkündete, dass man nun gemeinsam überlegen wird, wie die ungenutzten Mittel sinnvoll eingesetzt werden könnten. Laut des Ministeriums seien diese Gelder dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugewiesen und stünden nicht für den Kernhaushalt zur Verfügung. Ein Umstand, der besonders ironisch ist, da auch dieser Fonds eine beträchtliche Milliardenlücke aufweist.
„Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.”
Robert Habeck / Tagesschau
Intel: Ein Ausdruck gescheiterter Industriepolitik
Während Deutschland versucht, seine Rolle im globalen Halbleitermarkt zu finden, ziehen andere Länder vorbei. Das Intel-Debakel ist mehr als nur eine gescheiterte Investition. Es ist ein Symbol für die dysfunktionale deutsche Industriepolitik und das verfehlte Verständnis dafür, wie man in einer globalisierten Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Während andere Länder sich auf Innovation und Effizienz fokussieren, setzt Deutschland auf Subventionen und bürokratische Monstrositäten. Vielleicht ist es an der Zeit, sich von der Idee zu verabschieden, dass Deutschland ein zweites Silicon Valley wird. Stattdessen sollte man sich darauf konzentrieren, überhaupt erst einmal die grundlegenden Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass sich Unternehmen von selbst ansiedeln, ganz ohne milliardenschwere Subventionen.
Deutschland als Industriestandort ist inzwischen aus mehreren Gründen unattraktiv. Komplexe bürokratische Vorschriften und lange Genehmigungsverfahren bremsen Investitionen, während hohe Energiekosten und steuerliche Belastungen die Produktionskosten in die Höhe treiben. Zudem herrscht ein Fachkräftemangel und die teilweise veraltete Infrastruktur beeinträchtigt die Effizienz. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht mehr attraktiv für Investitionen und Industrieansiedlungen erscheint. Die Ampelregierung hat es stattdessen meisterhaft verstanden, Deutschland in eine Phase massiver Firmenabwanderungen und einer großflächigen Pleitewelle zu führen.